„Dialoge schaffen, damit die Dinge besser werden.“
Frank Daenzer ist Ansprechpartner bei Fragen rund um den Potsdamer Bürgerhaushalt. Im Gespräch gibt er Auskunft über seine Erfahrungen aus den Vorjahren.
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„Das bisschen Haushalt macht sich von allein…", so lautet ein Schlagertitel aus den 70ern. Doch in Potsdam wird der Stadthaushalt schon lange nicht mehr allein vom Kämmerer und den Stadtverordneten gemacht. Im Vorfeld können alle Potsdamerinnen und Potsdamer aktiv mitreden.
Beim Bürgerhaushalt sind kreative Vorschläge, Wünsche und Ideen gefragt, an welcher Stelle mehr Geld bereitgestellt werden sollte und in welchen Bereichen gespart oder finanzielle Mittel anders eingesetzt werden können. Im Internet, per Brief oder Telefon, bei Stadtteilfesten und an zentralen Orten können Ideen und Vorschläge eingereicht werden. Dort treffen Interessierte dann Frank Daenzer. Er notiert die Hinweise und berät persönlich. „Vor Ort nimmt Potsdams Bürgerhaushalt auch schon mal die Funktion eines ‚Kummerkastens‘ ein", resümiert der Rathausmitarbeiter. „Aber selbst wenn ich nicht sofort weiter helfen kann, versuche ich Kontakte herzustellen und richtige Ansprechpartner zu vermitteln. Das hilft vielen schon. Manchmal hakt es aber auch nur bei der Formulierung. Dann kann ich direkt helfen."
Unter den vielen Vorschlägen, die in den vergangenen Jahren eingereicht wurden, war mitunter die eine oder andere ungewöhnliche Idee, erinnert sich Frank Daen- zer. Der Vorschlag zur Bewerbung Potsdams zur Aus- richtung der Olympischen Spiele oder die Forderung, dass alle Verwaltungsmitarbeiter historische Dienstklei- dung tragen sollten, sind nur zwei Beispiele.
Unterschiedliche Bürgerideen konnten in den letzten Jahren umgesetzt werden. So wurde die Sanierung des Kulturhauses Babelsberg und der Potsdamer Straße realisiert. Auch der Bau und die Erneuerung von Sportplätzen im Norden und in Babelsberg waren Vor- schläge von Bürgern. „Viele Beispiele zeigen, was der Bürgerhaushalt bereits erreicht hat. In den letzten Jahren stellte sich aber auch heraus, dass eine kurzfristige Umsetzung aller Ideen kaum möglich ist“, stellt Daen- zer fest. „Einige Vorschläge mussten lange auf ihre Erfüllung warten oder wurden aus Kostengründen abgelehnt.“ Er ergänzt jedoch: „Um so schöner ist es, wenn engagierte Potsdamerinnen und Potsdamer erfolgreich sind und ihre Wünsche erfüllt werden.“ Deswegen ermutigt er auch alle Interessierten, kreative Ideen einzubringen und selbst für diese zu werben. „Erfolgreich ist Potsdams Bürgerhaushalt aber auch schon dann, wenn Gespräche vermittelt und neue Kontakte hergestellt werden.“
Beim Stichwort Corona und der Frage, ob zwei Jahre Pandemie inklusive mehrerer Lockdowns die Herangehensweise beim Bürgerhaushalt nachhaltig verändert hätten, verneint Daenzer. Er ergänzt: „Wir verzichten beim aktuellen Bürgerhaushalt zunächst noch auf Präsenzveranstaltungen und Info-Stände. Das ist schade, aber wir wollen kein Risiko eingehen, selbst wenn es nur um die zeitliche Planung geht.“ Er sieht aber auch Vorteile. Viele Menschen hätten sich an digitale Beteiligung gewöhnt und kennen sich im Internet nun besser aus. Bestimmte Zielgruppen, die vorher nur sehr schwer erreicht wurden, entwickelten echtes Interesse, komplexe politische Debatten live zu verfolgen und wollen ihre Meinung äußern. „Am stärksten hat während Corona ja das soziale Miteinander gelitten. Deswegen wollen die Menschen wieder zusammenkommen, sich treffen und die Möglichkeit des Austauschs nutzen.“ Er weiß, dass die Dynamik einer Präsenzveranstaltung oder eines direkten persönlichen Gesprächs einen großen Unterschied zur Online-Beteiligung machen. „Vor Ort entsteht Gemeinsamkeit, manchmal sogar ein Wir-Gefühl. Und beim Bürgerhaushalt geht es schließlich um das Sich-Kennenlernen sowie die Diskussion unterschiedlicher Sichtweisen und Wünsche. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir bald wieder dahin zurückkommen.“
Wichtig ist Frank Daenzer zudem, dass der Dialog auf Augenhöhe stattfindet. „Häufig wird mir gesagt: Die machen doch sowieso, was sie wollen. Dann frage ich zurück, was sie denn anders machen würden. Dieser kurze Perspektivwechsel hilft vielen und er regt an.“ Daenzer gibt jedoch zu: „Manchmal fällt das Zuhören aber auch schwer. Dann sage ich mir: Der Andere könnte Recht haben. Gerade diese Offenheit macht jeden Austausch und bestenfalls auch das gegenseitige Verstehen am Ende so spannend.“