Instandsetzung und Modernisierung anstatt Abriss in Potsdams Innenstadt

Votierungsliste Nummer: 
39
Laufende Nummer: 
215
Art der Übermittlung: 
Internet
Betrifft: 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Öffentliche Finanzmittel in den innerstädtischen Sanierungsgebieten werden vornehmlich zur Instandhaltung und Modernisierung gegenwärtig genutzter und zukünftig weiterhin nutzbarer Gebäude eingesetzt. Öffentliche Mittel werden für die Renovierung und nicht für den Abriss von Gebäuden der Potsdamer Innenstadt (wie z.B. der Fachhochschule, des Hotels Mercure, des Staudenhofs, des Minsk oder des Rechenzentrums) verwendet.

Bewertung / Einschätzung der Landeshauptstadt Potsdam: 

Beim Einsatz öffentlicher Mittel für die Instandsetzung oder den Abriss von Gebäuden sind in erster Linie die Eigentumsverhältnisse sowie die Beschlusslage der Stadtverordnetenversammlung zum jeweiligen Gebäude ausschlaggebend.
Der Einsatz öffentlicher Mittel im Rahmen der Sanierungsmaßnahme „Potsdamer Mitte" kann nur erfolgen, wenn angedachte Maßnahmen mit den von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Sanierungszielen für das Sanierungsgebiet übereinstimmen. Die Instandsetzung und Modernisierung des Fachhochschulgebäudes, des Hotel Mercure oder des Staudenhofes sind derzeit mit den Sanierungszielen nicht vereinbar.
Das Mercure, der Staudenhof sowie das Minsk befinden sich nicht in städtischem Eigentum. Kosten für Instandsetzung und Unterhaltung dieser Gebäude gehen ausschließlich zu Lasten der Eigentümer.
Das Hotel Mercure ist Eigentum eines Konsortiums französischer Finanzinvestoren. Die Stadtverordneten haben im Mai 2016 mit den konkretisierten Sanierungszielen für den Lustgarten lediglich beschlossen, dass das Hochhaus langfristig nicht an der Stelle erhalten bleiben soll. Dieser Beschluss steht jedoch noch unter Finanzierungsvorbehalt. Das Finanzierungskonzept hierzu liegt aufgrund des gerade erst vollzogenen erneuten Eigentümerwechsels des Hotels noch nicht vor. Es kann also heute noch keine Aussage getroffen werden, ob für den langfristigen Abriss öffentliche Mittel beansprucht werden sollen.
Das Wohngebäude am Staudenhof ist Eigentum der ProPotsdam GmbH. Die Stadtverordneten haben im November 2012 beschlossen, dass der Staudenhof bis zum Jahr 2022 Bestandsschutz hat. Ob das Haus dann abgerissen wird, ist noch nicht entschieden.
Das Minsk ist im Eigentum der Stadtwerke Potsdam. Der rechtsgültige Bebauungsplan ermöglicht für das Grundstück des Minsk eine Erhaltung oder alternativ eine Wohnbebauung.
Das Fachhochschulgebäude und das Rechenzentrum befinden sich im Treuhandvermögen Potsdamer Mitte. Für die Grundstücke gibt es von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Sanierungsziele, die den Abriss der Gebäude vorsehen. Eine Erhaltung der Gebäude hätte erhebliche Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Mit Blick auf eine Änderung der Sanierungsziele zugunsten einer etwaigen Eigennutzung der Stadt müssten Grundstück und Gebäudebestand durch die Stadt aus dem Treuhandvermögen „herauserworben" werden, die umfangreich notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen, die Kosten der erforderlichen Umbaumaßnahmen entsprechend der künftigen Nutzungsart sowie die künftigen Betriebskosten inkl. Personalkosten müssten durch die Stadt getragen werden. Eine einfache „Umwidmung" von bereits für die Abbruchmaßnahmen bestätigten zweckgebundenen Fördermitteln aus dem Bund-Länder-Programm Städtebaulicher Denkmalschutz ist förderrechtlich nicht möglich.

Ergänzung/Zusatz zur Einschätzung zum Mercure-Hotel (Oktober 2016):
Es bestehen aufgrund des aktuell erfolgten Verkaufs der Gesellschaftsanteile der Besitzgesellschaft gegenwärtig seitens der Stadt keinerlei Handlungsoptionen im Hinblick auf das Hotelgrundstück. Ausgehend vom Grundanliegen des Bürgerbegehrens zur Potsdamer Mitte wurde außerdem im September 2016 durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, dass die Landeshauptstadt Potsdam alle Bemühungen zum Erwerb des Mercure mit dem Ziel des Abrisses des Hotelgebäudes einstellt. Eine Diskussion über die Zulässigkeit einer Umgestaltung des Hotelgebäudes oder dessen räumlicher Verlagerung ist frühestens dann zu führen, wenn der Eigentümer das Hotel im derzeitigen baulichen Zustand nicht mehr weiter betreiben möchte.

Kosten der Umsetzung: 

Eine abschließende Prognose der für Erhaltung, Instandsetzung und Unterhaltung der genannten Bestandsgebäude für die Stadt entstehenden Kosten ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
Für das Fachhochschulgebäude können jedoch unter Heranziehung beispielhaft vergleichbarer Bau- und Unterhaltungskosten sowie unter Berücksichtigung der im Umsetzungsplan des Sanierungsgebietes Potsdamer Mitte bisher kalkulierten Kaufpreiserwartungen beim Grundstücksverkauf in den Blöcken III und IV folgende Annahmen getroffen werden:

  • Kosten von ca. 6 Mio. Euro für den „Herauskauf" des Grundstücks durch die Stadt aus dem Treuhandvermögen.
  • Setzt man beispielhaft die Baukosten an, die bei Sanierung- und Umbau der Stadt- und Landesbibliothek zum Bildungsforum angefallen sind, so würden sich für die Erhaltung und Umnutzung des Fachhochschulgebäudes Baukosten von ca. 33,18 Mio. Euro ergeben.
  • Jährlich anfallende Betriebskosten von ca. 450.000 Euro sowie zzgl. ca. 100.000 Euro für die Personalkosten von mindestens zwei Hausmeistern
  • Zusätzliche Kosten für die erforderliche bauliche Anpassung der Südfassade sowie der im Bereich Verbinder angrenzenden Räume inkl. deren Nutzung im Bildungsforum. Der Umfang ist abhängig von der künftigen Nutzungsart des Fachhochschulgebäudes unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Belange. Anzurechnen wären jedoch sicher die bereits verausgabten Mehrkosten von 150.000 Euro beim Umbau Bildungsforum. Da sich der Abriss des Fachhochschulgebäudes entgegen der ursprünglichen Planung verzögerte, konnte die Südfassade des Bildungsforums bis zur Inbetriebnahme 2013 in Teilen nur provisorisch fertiggestellt werden. Bis zum endgültigen Fertigstellungstermin der Südfassade (nach erfolgtem Abriss des Fachhochschulgebäudes) mussten Fassadenteile eingelagert werden.

Für das Fachhochschulgebäude sowie das Rechenzentrum wären zudem aufgrund der grundsätzlichen Umsteuerung der bisherigen durch die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung kontinuierlich konkretisierten Sanierungsziele mit dem Fördermittelgeber förderrechtlich zu klären, ob und inwieweit die Instandsetzung und der Umbau im Rahmen der Städtebauförderung, Programm Städtebaulicher Denkmalschutz, förderfähig wäre. Eine einfache „Umwidmung" der bestätigten Mittel im Umsetzungsplan ist aufgrund der jeweiligen Zweckbindung für konkrete Maßnahmen nicht möglich. Sollten sich im Ergebnis ein Defizit der Sanierungsmaßnahme oder begründete Rückzahlungsforderungen durch den Fördermittelgeber ergeben, muss hierfür die Stadt Potsdam aufkommen. In diesem Zusammenhang kann es auch zu Auswirkungen auf den städtischen Haushalt bei Nichtverkauf der Grundstücke insbesondere in den Blöcken III und IV kommen, da die Erlöse aus der Reprivatisierung ins Treuhandvermögen eingebrachter wie erworbener Grundstücke grundsätzlicher Bestandteil der Fördersystematik sind.

Verlauf der Vorschlagseinbringung / Rechenschaft: 

Der Vorschlag wurde im Bürgerhaushalt 2017 der Landeshauptstadt Potsdam eingereicht. Er erhielt von den Potsdamerinnen und Potsdamern bei der Vorauswahl ausreichend, bei der abschließenden Votierung insgesamt 10.044 Punkte und wurde unter der Nummer 16 in die "TOP 20 - Liste der Bürgerinnen und Bürger" aufgenommen und am 2. November 2016 unter der Nummer "16/SVV/0693" der Stadtverordnetenversammlung zur Beratung und Entscheidung übergeben. Zu diesem Vorschlag wird das Rederecht seitens eines Vorschlageinbringers befürwortet. Im Folgenden wird ausgeführt, weshalb die Fachhochschule dauerhaft erhalten bleiben sollte und auf die Historie und Architektur des Gebäudes eingegangen. Thematisiert wird auch die mögliche Unterbringung einer Schule. Abschließend wird nicht nur für den Erhalt des Hotels, sondern auch für den Erhalt der Fachhochschule geworben. Nach kurzer Diskussion wird der Vorschlag der Stadtverordnetenversammlung mit Stimmmehrheit des Finanzausschusses zur Ablehnung (21.12.2016) empfohlen. Die Stadtverordnetenversammlung folgte in ihrer Sitzung vom 1.3.2017 der Empfehlung.

Rechenschaft zur Umsetzung:

Dieser Bürgervorschlag wurde von der Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 1. März 2017 abgelehnt. Aus diesem Grund erfolgen hierzu im Rahmen der Rechenschaftslegung des Bürgerhaushalts 2017 keine weiteren Ausführungen.
 

Originalvorschläge:

Der Vorschlag wurde nach der Priorisierung vom Redaktionsteam, in dem Vertreter der Bürgerschaft und Verwaltung tätig waren, aus mehreren Vorschlägen zusammengefasst:

215 | Sparsam wirtschaften - kein Geld für den Abriss funktionstüchtiger Gebäude: Die Haushaltsführung der Landeshauptstadt Potsdam fühlt sich dem Grundsatz des verantwortungsvollen und wirtschaftlichen Umgangs mit öffentlichen Finanzen verpflichtet. Das heißt: Für den Abriss funktionsfähiger Gebäude der Potsdamer Innenstadt, wie z.B. der Fachhochschule oder des Hotels Mercure, werden keine Gelder der öffentlichen Hand (Steuereinnahmen, Landes- und Bundeszuwendungen, Erträge der städtischen Betriebe) verwendet. Stattdessen sollten öffentliche Finanzmittel in den innerstädtischen Sanierungsgebieten vornehmlich zur Instandhaltung und Modernisierung gegenwärtig genutzter und zukünftig weiterhin nutzbarer Gebäude eingesetzt werden.

786 | Jetzige Potsdamer Mitte als Teil unserer Geschichte akzeptieren: Statt des Abriss der Fachhochschule, des Minsk, des Staudenhofs und des ehemaligen Rechenzentrums sowie des Hotels Mercure sollten diese Gebäude renoviert und als Teil unserer Geschichte akzeptiert werden. Ansonsten wird die Umgestaltung ein „Fass ohne Boden“.

Das Redaktionsteam weist darauf hin, dass im Rahmen der Vorschlagssammlung weitere Vorschläge gegen den Abriss der benannten Gebäude in Potsdam vorgetragen wurden.

Kommentare

es ist wiedermal schön zu lesen wie hier ein vorschlag gegen einen anderen ausgespielt wird.
wenn hier schon verschiedene vorschläge zusammengefasst werden, dann hätte sicherlich nummer 10 in diesem hier aufgehen können.
so wird jedoch mal wieder die augenwischerei einer bürgerbeteiligung vorgeschoben.

hauptsache die beiden streiten sich hier und irgendwelche unsinnigen anderen vorschläge kommen dafür in die top 10.
und als netter nebeneffekt: die stadtverordneten brauchen sich nicht mehr mit diesem punkt beschäftigen, da ja die bürger es nicht wollten. tolle demokratie und mitbestimmung.

anderer gesichtspunkt: die architektur der ddr aus der geschichte tilgen. so wie es damals die sozis mit stadtschloss & co (preussische geschichte) versucht hatten.

Sehr geehrter Nutzer "captainwama",

vielen Dank für Ihr Interesse am Bürgerhaushalt der Landeshauptstadt Potsdam.

Die Sortierung aller eingereichten und priorisierten Vorschläge wurde durch ein Redaktionsteam vorgenommen. In diesem waren sowohl Vertreter der Bürgerschaft als auch der Verwaltung tätig. Insbesondere zu den von Ihnen genannten Vorschlägen wurde länger diskutiert. Im Ergebnis verständigten sich die Beteiligten darauf, dass der Vorschlag mit der Nr. 39 ("Instandsetzung und Modernisierung anstatt Abriss in Potsdams Innenstadt") vornehmlich auf den Erhalt konkreter Bauten in der Innenstadt abzielt, was wiederum mit finanziellen Mitteln für deren Instandsetzung verbunden ist. Aus diesem Grund musste auch der Titel angepasst werden. Beim Vorschlag Nr. 10 ("Kein öffentliches Geld für den Abriss des Hotels Mercure") lag der Fokus aus Sicht des Redaktionsteams viel mehr in der Möglichkeit einer zukünftigen Kosteneinsparung.

Weitere Informationen zur Arbeit und den Teilnehmenden des Redaktionsteams finden Sie hier: https://buergerbeteiligung.potsdam.de/node/6637

Beste Grüße,
Frank Daenzer - Projektteam Bürgerhaushalt

Neuen Kommentar hinzufügen