Kostenloser Nahverkehr bei Ausflügen von Schulen und Kitas

Vorschlag:

Der kostenlose Nahverkehr soll bei Kita-Gruppen für alle Kinder gelten. Also auch für die Kinder, die schon das 6. Lebensjahr vollendet haben. Die schon sechsjährigen Kinder würden dann bei Ausflügen nicht sagen müssen, sie seien noch 5 Jahre alt, um das Fahrgeld zu sparen. Für Kinder und Erzieher ist es schon aufregend genug, sich auf den Straßenverkehr, den Bus oder die Straßenbahn zu konzentrieren.
Für Erzieher, Lehrer und begleitende Eltern sollte der Nahverkehr bei Ausflügen kostenlos sein. Gerade die begleitenden Eltern kommen freiwillig mit, um die Lehrer und Erzieher bei den Unternehmungen zu unterstützen und sollten dann nicht noch Fahrgeld zahlen müssen.
Alle Lehrer sollten ein Informationsblatt erhalten, auf welche Weise und bei welcher zuständigen Stelle sie kostenlosen Nahverkehr für ihre Schulklassen bei Ausflügen beantragen können. Nicht alle Lehrer sind darüber genügend informiert. Aus eigener Anschauung kann ich berichten, wie mühsam es selbst für erfahrene Klassenlehrer sein kann, in der fahrenden Straßenbahn für einzelne Kinder am Automaten Fahrscheine zu besorgen und ihre Klasse gleichzeitig nicht aus den Augen zu lassen.

Einschätzung der Landeshauptstadt Potsdam:

Die im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg geltenden Tarifbestimmungen sind die Grundlage für die Beförderung von Personen im öffentlichen Nahverkehr. In diesem ist die Altersgrenze entsprechend festgelegt. Der Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH (ViP), als städtisches Unternehmen, handelt nach diesen Tarifbestimmungen, geht jedoch genau mit dieser Regelung kulant um. Sechsjährige Kindergartenkinder werden ebenso kostenlos befördert wie die weiteren Gruppenmitglieder unter 6 Jahren. Sozialleistungsempfänger können die Fahrtkostenerstattung für eintägige Ausflüge beim Sozialamt über das Bildungs- und Teilhabepaket beantragen. 
Für die kostenlose Beförderung von Schulklassen einschließlich Lehrern und begleitenden Eltern bei Ausflügen gibt es keine rechtliche Grundlage. Zumindest die Lehrer können ihre Aufwendungen bei Ihrem Arbeitgeber (Staatliches Schulamt Brandenburg) über einen Dienstreiseauftrag geltend machen.
Anders verhält sich der Sachverhalt bei der Beförderung für Grundschüler bei Projekt- und Thementagen. An diesen nehmen jedoch keine Eltern teil. Die Schule sichert die Aufsicht ab und nimmt eine entsprechende Benotung der Schüler vor. Projekt- und Thementage sind Unterricht, so dass die notwendigen Fahrtkosten - entsprechend § 110, Absatz II, Punkt 5 des Brandenburgischen  Schulgesetzes - finanziert werden. Die Schulen können hierfür die entsprechenden Anträge zur  Finanzierung der Beförderung zu Unterrichtsorten außerhalb der Schule an den Fachbereich Bildung und Sport stellen. Nach Prüfung der Anträge stellt der Fachbereich den Schulen die erforderlichen Fahrausweise zur Verfügung. Es besteht die Möglichkeit, die Schulleiter in den jährlichen  Schulleitertagungen regelmäßig über diese Möglichkeit zu informieren.

Kosten der Umsetzung / Folgekosten: -

Umsetzungszeitraum / Wird der Vorschlag bereits umgesetzt oder ist die Umsetzung bereits vorgesehen? -

Grundlage der Umsetzung: Tarif des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) sowie Drucksache
11/SVV/0324 „Bildungs- und Teilhabepaket nach dem SGB II und XII" und § 110, Absatz II, Punkt 5 des Brandenburgischen Schulgesetzes.

>> Vorschlag betrifft folgendes Produktkonto:
241000 5429100 „Aufwendungen für Schülerbeförderung, Schülerspeisen und sons-tigen Aufwand für Schüler"

>> Aktualisierung August 2014:
Die Tarifgestaltung sowie die künftige Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs ist seit Jahren Gegenstand von Hinweisen und Vorschlägen verschiedenster Gremien und Foren. Im Bürgerhaushalt 2013/14 wurde der Vorschlag „Neugestaltung des Öffentlichen Nahverkehrs" eingereicht. Im Zuge der anschließenden politischen Diskussion erfolgte der Beschluss zu Gründung einer Arbeitsgruppe, welche den Denkansatz des „Ticketfreien ÖPNV" für die Landeshauptstadt Potsdam berät. Daraufhin wurde eine externe, vertiefende Untersuchung vorgeschlagen, welche sich in folgende Themenblöcke gliedert: Erfahrungen und Entwicklungsstände anderer Städte und Gemeinden; verkehrliche Wirkung eines fahrscheinlosen ÖPNV; Finanzierungsformen und rechtliche Rahmenbedingungen. Innerhalb der Untersuchung sollen Aussagen zur Übertragbarkeit und Umsetzbarkeit einzelner Aspekte bereits praktizierter Beispiele auf die Landeshauptstadt Potsdam sowie zu daraus entstehenden Vor- und Nachteilen bzw. Potentialen und Risiken getroffen werden.
Der zweifellos hohen Attraktivitätssteigerung für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie kostenfreien Zugang alle Bevölkerungsteile, unabhängig von Einkommenssituation oder Lebenslage, stünden enorme Mehrbelastungen für die Landeshauptstadt Potsdam gegenüber. Die Fahrgeldeinnahmen sind zum Erhalt der Betriebsangebotes aus heutiger Sicht zwingend erforderlich. Ein Verzicht auf diese Einnahmen kann unter den bestehenden Bedingungen nur durch Angebotsreduzierungen oder Erhöhung der städtischen Zuschüsse kompensiert werden. Gleiches gilt auch im Falle der geforderten, unentgeltlichen Beförderung von Schülern und Senioren. Neben der Zustimmung des Verkehrsverbundes, ist auch hier ein Ausgleich für die sich ergebenden Einnahmeverluste zu leisten. Die genaue Höhe des Fehlbetrages müsste detailliert ermittelt werden. Es wird angemerkt, dass für Kinder von 6 bis einschließlich 14 Jahren bereits verschiedene, deutlich ermäßigte Angebote im bestehenden Tarifsystem vorgehalten werden. Hervorzuheben ist hierbei das gesondert vergünstigte Schülerticket Potsdam AB. Im häufig gewählten Abo-Verfahren beträgt der Jahresbetrag bei monatlicher Zahlweise 236,70 Euro und liegt damit 129,30 Euro 35% unter der Umweltkarte für das gleiche Tarifgebiet.
Kosten der Umsetzung: Durch die Einführung einer fahrscheinlosen Beförderung, würden die durch die Stadt zu tragenden Kosten des ÖPNV deutlich ansteigen. So betrugen die Fahrgeldeinnahmen auf dem Tarifgebiet der Landeshauptstadt Potsdam in 2013 ca. 21 Mio. Euro. Hinzu kämen entfallene Ausgleichszahlungen nach § 62 SchwG sowie der Betriebskostenausgleich an „fremde" Verkehrsunternehmen. Die zusätzlichen Kosten müssten neben dem derzeit bestehenden Zuschüssen durch den Haushalt der Landeshauptstadt Potsdam finanziert werden. Zeitnah entstünden der Landeshauptstadt Potsdam im Falle einer fahrscheinlosen Beförderung zusätzliche enorme Mehrkosten zur Bewerkstelligung der notwendigen Ersatzinvestitionen in Infrastruktur und Fuhrpark, da mit erhöhten Fahrgastzahlen zu rechnen ist (i.H.v. etwa 30 Prozent).

>> Stand der Prüfung (April 2015):
Der Planansatz für eintägige Ausflüge im Rahmen des Bildung- und Teilhabepakets (BuT) betrug im Jahr 2012 für alle berechtigten Personenkreise zusammen 158.000 Euro. Im Rahmen der Fahrtkostenerstattung wurden für eintägige Ausflüge beim Sozialamt über das Bildungs- und Teilhabepaket für Sozialleistungsempfänger in den Jahren 2012 bis 2014 die folgend aufgeführten Kosten in Anspruch genommen:

Jahr: eintägige Kitaausflüge + eintägige Schulausflüge = Gesamt
2012: 848,90 Euro + 4.764,05 Euro = 5.612,95 Euro
2013: 1.102,50 Euro + 5.514,18 Euro = 6.616,68 Euro
2014: 2.175,10 Euro + 5.681,61 Euro = 7.856,71 Euro

Die angegebenen Beträge beziehen sich auf die kompletten Kosten für eintägige Ausflüge. Die Fahrkosten sind nicht gesondert abgebildet.
Grund für die enorme Abweichung zu den tatsächlichen Ausgaben war, dass die Leistungen erst 2011 eingeführt wurden und daher Erfahrungswerte fehlten. Zudem war die Leistung bei vielen Anspruchsberechtigten noch nicht bekannt und es war davon auszugehen, dass die Fallzahlen noch stark ansteigen.
Ertragsseitig wurde eine Bundeserstattung von 1.978.000 Euro für alle Leistungen des BuT-Paketes eingeplant. Im Ergebnis betrug die Erstattung 1.936.185 Euro. Es ist nicht möglich, diese Erstattung nach den Einzelleistungen des BuT-Paketes aufzugliedern. Die eintägigen Ausflüge machen unter den insgesamt sechs Einzelleistungen den geringsten Anteil aus. Außerdem erfolgte die Erstattung 2012 nicht als "Spitzabrechnung", sondern durch eine im Vorhinein festgelegte Pauschale (gesetzlich festgelegter Anteil an den Kosten der Unterkunft nach dem SGB II - gem. § 46 SGB II). Insgesamt ist festzustellen, dass durch die Bundeserstattung die Aufwendungen für die BuT-Leistungen vollständig erstattet wurden.

Kostenplanung2012: Aufwand: 158.000 EUR // Ertrag: 1.978.000 EUR
Kostenergebnis 2012: Aufwand: 5.613 EUR // Ertrag: 1.936.185 EUR

Ausblick ab 2013 (bis 2014): 14.474 EUR
 

Verlauf der Vorschlags / Rechenschaft:

Während der Vorauswahl (Priorisierung im Büro Bürgerhaushalt und im Internet) erhielt dieser Vorschlag eine ausreichende Punktzahl von den Potsdamerinnen und Potsdamern und wurde in die "Liste der Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger" unter der LVBB-Nr. 33 aufgenommen.

Der Vorschlag erhielt von den Potsdamerinnen und Potsdamern bei der abschließenden Votierung insgesamt 1046 Punkte und erreichte damit Platz 10. Er wurde unter dieser Nummer in die "Liste der Bürgerinnen und Bürger" aufgenommen und am 2. November 2011 der Stadtverordnetenversammlung zur Diskussion und Entscheidung übergeben. Dieser Vorschlag wurde unter der Drucksachennummer (DS/SVV/0824) diskutiert und wurde durch die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung 2. Mai 2012 geändert angenommen.