Landeshauptstadt Potsdam legt Jahresabschluss 2022 vor
Die Landeshauptstadt Potsdam wird in der kommenden Stadtverordnetenversammlung am 6. November den Jahresabschluss 2022 zur Beschlussfassung vorlegen. Entgegen der noch positiven Abschlüsse vergangener Jahre schließt die Landeshauptstadt Potsdam im Jahr 2022 mit einem Fehlbetrag in Höhe von rund -34 Millionen Euro ab. Damit verschlechtert sich das Ergebnis 2022 gegenüber der ursprünglichen Planung von -14 Millionen Euro insgesamt um 20 Millionen Euro. Das negative Jahresergebnis resultiert dabei hauptsächlich aus dem Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit, das heißt aus dem Ergebnis aller ordentlichen Erträge und ordentlichen Aufwendungen im Ergebnishaushalt. Hierbei überstiegen die Aufwendungen mit rund 889 Millionen Euro die Erträge in Höhe von rund 855 Millionen Euro der Landeshauptstadt Potsdam.
Sowohl die Ertrags- als auch die Aufwandsseite 2022 wurden durch die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 beeinflusst. Die Entwicklung der Aufwendungen ist hierbei stark geprägt von gestiegenen Transferaufwendungen wie bspw. Leistungen für die Sozial- oder Jugendhilfe gegenüber dem Vorjahr. Diese Aufwendungen werden nur zum Teil durch Erträge aus Zuwendungen und Kostenerstattungen insbesondere von Bund und Land ausgeglichen. Darüber hinaus fallen im Jahr 2022 das Steueraufkommen im Vergleich zum Vorjahr wesentlich niedriger aus.
Bürgermeister und Kämmerer Burkhard Exner erklärt: „Nach den deutlich positiven Abschlüssen in den Vorjahren zeichnet sich 2022 erstmals ein anderes Bild. Die positiven Abschlüsse der Vorjahre haben Potsdam ein solides finanzielles Polster, auch für Krisenzeiten, verschafft. Das Plus von rund 36 Millionen Euro im Jahr 2021, wird jedoch nun durch das negative Ergebnis 2022 mit minus 34 Millionen Euro nahezu aufgezehrt. Wir müssen davon ausgehen, dass die Aufwendungen, insbesondere im Sozialbereich, strukturell auch zukünftig weiter ansteigen werden und das unabhängig von der Entwicklung der Erträge der Stadt. Vor dieser Fehlentwicklung in den kommunalen Haushalten warnen wir und unsere kommunalen Spitzenverbände bereits seit Jahren und spüren sie gerade schmerzlich in der aktuellen Haushaltsaufstellung für 2025 und die kommenden Jahre.“
Der Jahresabschluss 2022 im Detail
Die Erträge aus der laufenden Verwaltungstätigkeit sanken im Jahr 2022 allein um mehr als 19 Millionen Euro im Vergleich zum Jahr 2021. Diese Entwicklung ist zum einen bedingt durch geringere Erträge aus der Gewerbesteuer in Höhe von rund 16,7 Millionen Euro. Zum anderen ergaben sich keine positiven Sondereffekte, wie sie noch in den Vorjahren festzustellen waren.
Allerdings ergeben sich zum einen mit rund 10,6 Millionen Euro höhere Erträge aus Zuwendungen und allgemeinen Umlagen, vor allem aus den laufenden Zuweisungen für laufende Zwecke vom Land so insbesondere für den ÖPNV in Höhe von rund 6,3 Millionen Euro (u.a. für den Ausgleich 9-Euro-Ticket). Zum anderen stiegen die Kostenerstattungen um rund 13,4 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Dies betrifft insbesondere Erstattungen vom Land für die sozialen Einrichtungen für Aussiedler und Ausländer (rund 5,7 Millionen Euro) und für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (rund 4,3 Millionen Euro).
Deutlich erkennbar ist: Die Transferaufwendungen dominieren weiterhin die Aufwandsseite der Landeshauptstadt Potsdam. 43 Prozent aller Gesamtaufwendungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit der Landeshauptstadt Potsdam entfallen allein auf die Transferaufwendungen. Die Sozialtransferaufwendungen steigen dabei gegenüber dem Vorjahr um rund 18 Millionen Euro an, darunter insbesondere für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (rund 8,8 Millionen Euro), für Eingliederungshilfen nach SGB IX (rund 4,6 Millionen Euro) sowie für Hilfen zur Erziehung (rund 3,3 Millionen Euro). Die Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke fallen mit rund 16,9 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr höher aus, darunter schwerpunktmäßig für den ÖPNV (rund 7 Millionen Euro) und für die Betreuung von Kindern durch freie Träger/Kindertagesbetreuung (rund 6,8 Millionen Euro).
Aber auch die Personal- und Versorgungsaufwendungen sowie die Sach- und Dienstleistungen weisen im Jahresvergleich Steigerungen aus. So verzeichnen die Personal- und Versorgungsaufwendungen eine Erhöhung von rund 8,9 Millionen Euro, welche maßgeblich auf gestiegene Dienstbezüge für tariflich Beschäftigte sowie die dazugehörigen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (rund 6,7 Millionen Euro) zurückzuführen ist. Der Anstieg der Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen in Höhe von rund 9,2 Millionen Euro basiert hingegen im Wesentlichen auf einem Anstieg der Mieten und Pachten einschließlich Betriebskosten (rund 6,0 Millionen Euro) sowie auf einem Anstieg der Aufwendungen für sonstige Dienstleistungen (rund 2,4 Millionen Euro), insbesondere für die Informationstechnik für städtische Schulen (rund 1,3 Millionen Euro).
Insgesamt erreichte die Landeshauptstadt Potsdam im Jahr 2022 somit ein Ergebnis aus der laufenden Verwaltungstätigkeit in Höhe von rund -34,2 Millionen Euro. Zusammen mit dem Finanzergebnis von +1,2 Millionen Euro ergibt sich so ein sogenanntes ordentliches Ergebnis von rund -33,0 Millionen Euro. Mit dem Ergebnisbeitrag aus dem außerordentlichen Ergebnis in Höhe von rund -1,3 Millionen Euro weist die Landeshauptstadt Potsdam letztendlich für das Jahr 2022 einen Gesamtfehlbetrag von rund -34,3 Millionen Euro aus.
Korrespondierend zur jeweiligen Ergebnisrechnung entwickelte sich auch die in der Finanzrechnung ausgewiesene Liquidität der Landeshauptstadt Potsdam, die insbesondere für die Investitionen der Stadt aufgebaut wurde. Nach einem Anstieg der eigenen Zahlungsmittel in 2021 auf rund 341 Millionen Euro musste zum Ende des Haushaltsjahres 2022 nun ein deutlicher Rückgang der Liquidität festgestellt werden. Der Bestand an eigenen Finanzmitteln wurde zum 31. Dezember 2022 mit noch rund 282 Millionen Euro ausgewiesen. Das heißt, die Liquidität ging um 59 Millionen Euro zurück. Absehbar ist, dass sich in den Jahren 2023 und 2024 das Absinken der vorhandenen Finanzmittel weiter fortsetzen wird.
„Aufgrund der in den vergangenen Jahren durch die positiven Jahresabschlüsse aufgebauten Rücklagen und der so erwirtschafteten Liquidität kann und muss die Landeshauptstadt Potsdam nunmehr auf diese Rücklagen zum Defizitausgleich des Jahres 2022 zurückgreifen. Eigentlich hatten unsere Rücklagen aber das Ziel, Potsdam in die Lage zu versetzen, mit selbst erwirtschafteten Eigenmitteln aus eigener Kraft zu investieren und ein hohes Investitionsniveau zu gewährleisten “, sagt Exner, der Beigeordnete für Finanzen, Investitionen und Controlling der Landeshauptstadt Potsdam. „Wenn diese Mittel jetzt jedoch zum „Stopfen der Löcher“ im Ergebnishaushalt herangezogen werden müssen, kann Potsdam – sollte es so weitergehen – schnell in Schwierigkeiten geraten. Sollte die Stadt nicht mehr bürgschaftsfähig sein oder der Kommunale Immobilien Service (KIS) nur noch sehr eingeschränkt kreditfähig, könnten der Bestand unserer vielfältigen Strukturen, ob im Sport, der Kultur bis hin zu freiwilligen sozialen Trägern – auf die wir in Potsdam im Vergleich mit anderen Kommunen zurecht stolz sein können – nicht mehr in der bisherigen Weise aufrechterhalten werden. Bis hin zum Risiko, dass bisher hohe Investitionsniveau stünde in Frage.“