„Beteiligung ist ein Marathon, kein Sprint"
Das Zusammenspiel zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung hat sich in den letzten Jahren spürbar verändert. Immer mehr Menschen äußern den Wunsch nach persönlicher Mitwirkung und aktiver Gestaltung ihres direkten Lebensumfeldes. Viele wollen sich aktiv engagieren und sich an den Entscheidungen in ihrer Stadt beteiligen.
„Strukturierte Bürgerbeteiligung" heißt das Modellprojekt, das 2013 in Potsdam gestartet wurde. Es besteht aus den sieben Grundsätzen der Bürgerbeteiligung, der verwaltungsinternen und externen WerkStadt für Beteiligung, einem Bürgerrat sowie einer begleitenden, wissenschaftlichen Evaluation.
Zu Beginn des neuen Jahres 2021 blickt Prof. Dr. Heinz Kleger, bis 2018 Lehrender für politische Theorie an der Universität Potsdam, auf das bisher erreichte zurück. In seinem aktuellen Beitrag „Was heißt strukturierte Bürgerbeteiligung?" stellt er mit spitzer Feder persönliche Beobachtungen vor und gibt Tipps für die zukünftige Entwicklung.
Der Politikwissenschaftler gibt in dem ausführlichen Artikel zunächst Denkanstöße zur weiteren Diskussion der Potsdamer Grundsätze zur Beteiligung. Dabei plädiert er für eine Konkretisierung sowie Weiterentwicklung der Grundlagen hin zu anwendbaren Leitlinien für die Stadtgesellschaft.
Hervorgehoben wird die professionelle Arbeit der internen und externen Ansprechpartner, in Form der WerkStadt für Beteiligung. Auch bei der Vermittlung von Beteiligungskompetenzen wird der zweigliedrigen Struktur ein positiver Mehrwert zugeschrieben. Kleger gibt aber zu bedenken, dass das vorhandene Konstrukt „kein Selbstläufer" sei. Gerade mit Blick auf die vermehrt „Top Down“ bezogene Projektauswahl sowie bei finanziellen und personellen Ressourcen gebe es Nachsteuerungsbedarf. Zudem warnt Kleger vor einer „Verzettelung des Themas" und schlägt, bezugnehmend auf die verwaltungsinterne Organisation, unter anderem die Gründung einer übergreifenden Steuerungsgruppe zur Weiterentwicklung der Beteiligungskultur in der Stadtverwaltung vor.
Während die Kapazitäten der WerkStadt für Beteiligung noch ausgebaut werden sollten, empfiehlt Kleger dem Potsdamer Beteiligungsrat eine „kluge Selbstbeschränkung". Das ehrenamtliche Gremium solle vornehmlich Themen beraten, die „personell, sachlich und zeitlich auch tatsächlich gelöst werden" können. Nach Klegers Einschätzung, der auch selbst als Experte die Sitzungen des Rats begleitet, sucht der Bürgerrat immer wieder seine Rolle. Dies sei eigentlich nicht neu, aber insbesondere seit der Bildung des Ausschusses für Partizipation, Digitalisierung und Transparenz im September 2019 wieder vermehrt auf der Agenda. Kleger regt daher an, zukünftig auch neue Formate zur stärkeren Einbindung der Stadtpolitik zu nutzen und gemeinsam eindeutige Aufgabenfelder zu formulieren. Nach Anlaufschwierigkeiten seien hier aber bereits erste Brücken gebaut.
Tragfähige Lösungen und ein anhaltender Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung müssten Heinz Kleger folgend von allen Beteiligten immer wieder eingeübt und aktiv praktiziert werden. Um strukturierte Bürgerbeteiligung in Potsdam erfolgreich zu realisieren und langfristig Frustration zu vermeiden, benötige es klare Ziele. In seinem aktuellen Beitrag bringt er diesen Gedanken wie folgt auf den Punkt: „Bürgerbeteiligung ist ein Marathon, kein Sprint.“