Märkische Allgemeine Zeitung, 1.6.2011

"Bürger wollen Bürgerhaushalt mit festem Etat"

FINANZEN: Eigenes Budget gefordert

von Jan Bosschaart

POTSDAM / MITTE - Zu einer teils emotionalen Debatte über die Bürgerbeteiligung in Potsdam geriet die letzte Infoveranstaltung über den Bürgerhaushalt gestern Abend in den Bahnhofspassagen. Als Abschluss der Reihe zu verschiedenen Themenbereichen des städtischen Haushalts sprach Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) über seinen Bereich. Es war Jakobs erster öffentlicher Auftritt seit Beginn der Affäre um den mittlerweile zurückgetretenen Stadtwerkechef Peter Paffhausen - dennoch blieben kritische Fragen der Bürger zu diesem Thema völlig aus, selbst als Jakobs beim Thema „Sportförderung" wiederholt auf die Zahlungen der Stadtwerke an den in Schwierigkeiten geratenen SV Babelsberg 03 anspielte.
Stattdessen diskutierten die rund 30 Anwesenden über Sinn und Nutzen des Bürgerhaushalts, der in diesem Jahr bereits zum fünften Mal aufgelegt wird. Wiederholt wurde die Forderung laut, eine gewisse Summe des städtischen Haushaltes - die Rede ist von einer bis zu fünf Millionen - für den Bürgerhaushalt zur Verfügung zu stellen, über die alle Potsdamer mit ihren Vorschlägen und deren Bewertung selbst entscheiden können. „Das wäre eine sehr direkte und gute Form der Bürgerbeteiligung", sagte ein älterer Herr. Bislang müssen Bürgervorschläge, so sie von den Stadtverordneten verabschiedet werden, aus dem regulären Haushalt bezahlt und an anderer Stelle eingespart werden.
Jann Jakobs hielt dagegen, dass die typisch politische Auseinandersetzung um die begrenzte Geldmenge ausbleibe, wenn der Bürgerhaushalt mit eigenem Budget ausgestattet würde. Die Stadtverordneten würden dann künftig alle Bürgerwünsche auf den Bürgerhaushalt verweisen und sich ansonsten mit ihren eigenen Vorstellungen, wie das Geld am besten eingesetzt wird, befassen. Moderator Christian Erdmann warnte zudem, das Budgetrecht als „vornehmstes Recht eines Parlamentes" würden sich die Stadtverordneten kaum nehmen lassen. Die Bürger warben dennoch weiter für ihre Forderung: „Das stärkt die Eigenverantwortung in der Zivilgesellschaft", sagte etwa Steffen Pfrogner. Jakobs sagte schließlich zu, darüber noch einmal gründlich nachdenken zu wollen, erneuerte aber seine Bedenken, dass dann die politischen Diskussionen über die Vorschläge entfielen, die er für sehr wichtig erachte. Er warf den Stadtverordneten zudem vor, die „politische Kultur zu verhunzen", indem sie beim Haushalt „erst ihre eigenen, parteipolitischen Duftmarken setzen" und die Bürgerhaushaltsvorschläge hingegen „fast zuletzt" behandelten.