Zukunft der Wohnsiedlungen: Behlert-Karree, Brauhausberg/Einsteinstraße, Grün-/Großbeerenstraße
-- seit Oktober 2014 --
Einordnung
Mehrstufiger Mitwirkungsprozess & Organizing | Top-Down
angestoßen durch…
ProPotsdam GmbH
betreut durch…
Kay-Uwe Kärsten
Rolle der WerkStadt
Die WerkStadt koordiniert den Dialog, bindet alle Beteiligten ein und steht ihnen fachlich beratend sowie unterstützend zur Seite. Die WerkStadt entwarf den ursprünglichen Ablaufplan für den Prozess.
Anlass
Im November 2013 erhielt die ProPotsdam nach einem langjährigen Rechtsstreit entgegen ihrer Erwartung das Eigentum an drei sanierungsbedürftigen Wohnsiedlungen: Grünstr./Großbeerenstr., Brauhausberg/Einsteinstr., Behlert-Karree zugesprochen. Alle drei Siedlungen (338 Wohnungen) sind in unterschiedlichem Maße sanierungsbedürftig. Ausreichende Mittel zur Sanierung stehen der ProPotsdam derzeit nicht zur Verfügung. Zudem haben die Wohnsiedlungen aufgrund des entstandenen Sanierungsstaus einen niedrigen Ausstattungsstandard und daher vergleichsweise niedrige Mieten. Vor diesem Hintergrund fasste die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Drucksache 13/SVV/0493 den Beschluss, das von einem Verkauf der Siedlungen am Brauhausberg und dem Behlert-Karre abzusehen ist und das diese sozialverträglich zu sanieren sind, wobei alle möglichen Förderinstrumente in Betracht gezogen und das Instrument einer Milieuschutzsatzung berücksichtigt werden solle. Im Rahmen des Beteiligungsprozesses begegnen sich unterschiedliche Ansprüche und Perspektiven. Einerseits wollen die Mieterinnen und Mieter sozialverträgliche Mieten langfristig in ihren innerstädtischen Quartieren sowie die soziale Durchmischung vor Ort erhalten. Andererseits muss die ProPotsdam die Wohnsiedlungen sanieren, um die Bausubstanz zu sichern und langfristig vermietbar zu erhalten. Hinzu treten die hohen Kosten je nach Art der Sanierung, die dann entsprechend ansteigenden Mieten, gewisse Sanierungsstandards als Voraussetzungen zur Sicherung sozialverträglicher Mieten und für mögliche Förderungen der Bautätigkeit seitens des Landes Brandenburg und anderer Einrichtungen sowie der ohnehin stattfindende Diskurs zum Thema Wohnungspolitik in der Landeshauptstadt Potsdam. Die Verständigung um die Heidesiedlung ist als Vorläuferprozess mit ähnlichen Bedingungen zu betrachten.
Ziele
Der Dialogprozess soll alle beteiligten Interessengruppen in einem sachlichen Dialog zusammenbringen und die chancengleiche Verhandlung der komplexen Thematik ermöglichen. Die gegenseitigen Positionen sollen ausgetauscht und Möglichkeiten gemeinsamer Handlungsansätze ausgelotet werden. Zudem soll die Entstehung von konfliktverhütenden Strukturen angeregt und eine ausgewogene Eingabe für die weiterführende Beschlussfassung durch die Stadtverordnetenversammlung geschaffen werden.
Verlauf und Methode
- Im Vorfeld des Prozesses war es notwendig, die Dialogbereitschaft der Beteiligten abzuprüfen, die Relevanz sowie die Chancen und Begrenzungen des Beteiligungsverfahrens zu erfassen und zu kommunizieren sowie einen fundierten Vorschlag für einen möglichen Ablauf des Verfahrens zu erarbeiten. Hierzu führte die ProPotsdam im April 2014 erste Informationsveranstaltungen durch und führte eine Befragung zum Sozialstatus der Mieterschaft durch.
- Als Einstieg in den eigentlichen Dialogprozess wurde am 11. Oktober 2014 eine Tagung veranstaltet, auf der thematische Fragen von unabhängigen Expertinnen und Experten sowie von Fachleuten aus der Stadtverwaltung beantwortet wurden. Es entstand eine Dokumentation, die im weiteren Prozess den Beteiligten als Nachschlagewerk dienen kann.
- Im zweiten Arbeitsschritt begegneten sich in moderierten Arbeitsgruppen im Novembers 2014 jeweils Vertreterinnen und Vertreter der drei Wohnsiedlungen und der ProPotsdam. Es fand ein Austauschten zu den gegenseitigen Positionen und den möglichen Zukunftsszenarien für die Wohnsiedlungen seitens der ProPotsdam statt.
- In einem dritten Arbeitsschritt befinden sich zum Zeitpunkt der Berichtsabfassung die Mieterinnen und Mieter in der Auswertung der durch die ProPotsdam bereitgestellten Informationen und formulieren in einem gemeinsamen Arbeitsprozess ihre Forderungen und Lösungsansätze.
- Im Prozessablauf ist als nächster Schritt eine Konferenz geplant, auf der die Mieterinnen und Mieter sowie die ProPotsdam die Politik und Verwaltung gleichberechtigt auf den Zwischenstand des Dialoges bringen und diese hierzu Stellung nehmen sowie ihrerseits inhaltliche Impulse geben können.
- Anschließend an die Konferenz ist erneut ein Zusammentreffen in Arbeitsgruppen aus Mieterinnen und Mietern und der ProPotsdam geplant – wobei hier auf Basis der Ergebnisse der Konferenz Lösungsansätze ausgelotet werden können.
- Schließlich soll an einem Runden Tisch die Möglichkeit entstehen gemeinsam mit Politik und Verwaltung die Situation auszuwerten, Konfliktlinien zu bearbeiten und einen Lösungsansatz zu entwickeln, der durch die Stadtverordnetenversammlung getragen werden kann. Dieser Lösungsansatz soll dann in den letztlich entscheidenden politischen Geschäftsgang eingespeist werden.
Beteiligte
- Initiative Großbeerenstraße / Grünstraße
- Initiative Brauhausberg / Einsteinstraße
- Initiative Behlert-Gutenberg-Karree
- ProPotsdam GmbH
- Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam
- Stadtverordnetenversammlung
Ergebnisse
Der Prozess ist nicht abgeschlossen und inhaltliche Ergebnisse liegen noch nicht vor. Bis zum Januar 2015 konnte trotz schwieriger Vorbedingungen bereits ein Dialog in Gang gebracht werden. Es wurden Informationen zum komplexen Thema zusammengestellt, aufbereitet, vermittelt und in den Dialog einbezogen. Zudem wurden die grundsätzlichen Positionen zwischen ProPotsdam und Initiativen ausgetauscht und die Entstehung erster konfliktverhütender Strukturen angeregt. Zudem wurden ProPotsdam und Initiativen intensiv durch die Werkstatt im Sinne des Organizing begleitet.
Stärken und Schwächen
Dieser Prozess birgt die Möglichkeit ein komplexes und stadtpolitisch relevantes Thema mit vielen unmittelbar betroffenen Personen zu diskutieren und gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suchen. Zudem kann eine diesbezügliche Entscheidung im politischen Raum durch die Einbeziehung der Mieterinnen und Mieter vor Ort im Austausch mit der ProPotsdam um eine ausgewogene und sachlich erörterte Perspektive zusätzlich bereichert werden.
Eine große Herausforderung im Prozess ist neben der Komplexität des eigentlichen Themas auch die Vereinbarkeit der unterschiedlichen Logiken der Beteiligten. Während sich die ProPotsdam als kommunalwirtschaftlich organisiertes Unternehmen dem Thema aus ihrer professionell-ökonomischen Arbeitsrealität heraus annähert, vertreten die Mieterinnen und Mieter aus ihrer jeweiligen basisdemokratisch-werteorientierten Lebensrealität heraus ihre unmittelbaren Interessen. Die Aushandlung von Terminen ist vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Ansätze – beruflich organisiert bei der ProPotsdam, ehrenamtlich bei den Initiativen – immer wieder ein Reibungspunkt, der Ablauf des Prozesses gefährden kann. Die hiermit verbundene starke zeitliche Belastung fangen alle Beteiligten dabei stets aufs Neue durch ihre hohe persönliche Einsatzbereitschaft auf.
Grundsätzlich bekennen sich alle Beteiligten zum Prozess und sehen jeweils aus ihrer Perspektive die Möglichkeit eines sachlichen, strukturieren und moderierten Dialoges als gewinnbringend an. Auch wenn es sich in diesem Prozess um ein reines Dialogverfahren und nicht um eine Verhandlung von Entscheidungen handelt, kann doch eine zwingend notwendige Entscheidung im politischen Raum durch den Prozess wirkungsvoll unterstützt und gemeinsam mit der stadtweiten Perspektive der Stadtverordneten nach einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung gesucht werden.
Weitere Informationen:
Weitere Informationen stehen noch nicht zur Verfügung. Die Konferenz wird jedoch eine öffentliche Veranstaltung sein. Die Dokumentation der Tagung vom 11. Oktober 2014 ist in der WerkStadt auf Anfrage erhältlich.